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telling a work of art /
Arbeiten die man sich erzählen kann

an e-mail project by Karin Sander

Betreff: zwei Textli
Datum: Sat, 20 Apr 2019 11:45:00
Von: Annette Gigon
An: Karin Sander

Telling (two) Work(s) of art

1:

Es geht eine Arbeit des Künstlers Pierre André Ferrand, um ein weisses Bild.

Der hölzerne Spannrahmen der Leinwand ist ungewohnt geformt. Rechteckig zwar, wenn man das Bild von vorne betrachtet, wenn man es von der Seite anschaut, zeigt sich, dass die beiden seitlichen Holzstücke des Rahmens bogenförmig zurück weichen und von unten gesehen, erkennt man, dass der obere und der untere horizontale Rahmen sich leicht nach vorne wölben. Die Leinwand spannt zwischen den konvex und konkaven Formen des Holzrahmens. Das Bild - oder ist es auch ein Relief - ist nur 35x32x35cm gross.

Die weisse Farbe ist vertikal aufgetragen und nicht ganz deckend. Die mittige vertikale Fläche ist stärker gestrichen, dort deckt die matte, weisse Farbe die Leinwand gänzlich, während am linken und rechten Rand die beige Leinwand durchscheint.
Mit diesen einfachen Mitteln scheint das Bild zu leuchten. Von innen? Aus der Mitte heraus? Wahrscheinlich würde Pierre André sagen, von oben herab. Pierre André ist religiös. Seine ganze Arbeit kreist um den Glauben. Das Bild heisst Avalokitêshawara und ist von 2002.

Ich schaue darauf, es ist Ostersonntag heute - ein Zufall. Das Bild hängt bei uns schräg über dem Fernseher. Nein, es wühlt mich nicht auf, ich schaue es gern an. Es ist unangestrengt, unprätentiös, obwohl es von den letzten Dingen handelt. Es erstaunt mich, es gibt Raum und lässt mich auch wieder los.

2:

Es gibt eine Arbeit von dir, Karin, die ich auch nur aus einer Beschreibung und nur von Fotos kenne, die mich aber seither fesselt.

Es ist eine Installation, bzw. besser eine Intervention im neuen Kunstverein in Berlin von 2011.

Dort hast du „nur“ ein paar grosse Löcher in die Decke des Kunstraums bohren lassen. Die Öffnungen verbanden den Ausstellungsraum mit den darüber liegenden Büros der Kuratorinnen und Kuratoren. Und diese sollten nun deine Anweisung befolgen, ihren Abfall durch diese Öffnungen in den Ausstellungsraum darunter zu entsorgen. Ein Gitter bildete den offenen „Abfallkorb“ und verhinderte, dass jemand in die Tiefe stürzte.

Was nun im Laufe der Tage und Wochen von oben nach unten schwebte – was wird es wohl alles gewesen sein? Briefcouverts, Werbung, Visitenkarten, verworfenen Manuskripte? – schwebte, flog, fiel, krachte durch den Raum, lag schliesslich am Boden und bildete unter den Deckenöffnungen lose Haufen, denen man als Besucher beim Wachsen zuschauen konnte. Über die Zeit der Ausstellung entstanden eine vom „Kunstbetrieb“ geschaffene, lose „Papier-Arbeit-Plastik“.

Wunderbar paradox, dass alles was im oberen Stock „durchfiel“ oder „erledigt“ wurde, im unteren Stock, dem Ausstellungsraum zum Teil eines Kunstwerkes werden konnte, diesen Raum beleben, füllen, „informieren“ durfte.
Und wie „zu-fällig“, machte die Arbeit dabei auch den „Kunstbetrieb“ selbst transparent, machte sicht- und hör- und nachlesbar, wie dieser arbeitete.

Dass das Reinigungspersonal weniger zu tun hatte, für eine Weile zumindest, ist ein hübscher Nebeneffekt deiner Arbeit.

AG 20. April 21019

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