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telling a work of art /
Arbeiten die man sich erzählen kann

an e-mail project by Karin Sander

Betreff: Re: Telling a Work of Art
Datum: Sun, 30 Dec 2018 15:20:00
Von: Marcel Beyer
An: Karin Sander

Marcel Beyer

Tote Farben

In meiner Hasenzeit habe ich so häufig
mit Joseph Beuys geschlafen, ich
weiß wirklich nicht mehr, wann er
endlich schwanger war. Trächtig,

sollte ich besser sagen, denn wenn wir
zusammen waren, hatte er so
gar nichts von einem Schamanen. Seine
Gummistiefel standen im Flur.

Wenn er zur Tür hereinkam, hat er den
Pelzmantel gleich in die Ecke
geflammt. Niemand wußte von uns.
Wir wohnten in Flingern, wie

alle, die noch im Kaufmannsladen nach
Schmalz anstehn. Alteingesessene,
ein paar Medizinstudenten in der
Nachbarschaft. Altbau, versteht sich.

Küche brauchten wir nicht. Wir ließen
das Wasser laufen. Hier und
da ein Flokati in den weitläufigen
Räumen, Fleischwolke und fusselndes

Gruselfilmmaterial. Wir lebten knietief
in der Rammelwolle, und ich weiß
wirklich nicht mehr, wie viele Junge er
nach fünf oder sechs oder sieben

Wochen warf. Aus Mandarinenkisten
vom Gemüsemann zimmerte ich
uns einen kleinen Stall. Wie er aussah,
wenn er schlief. Sie wissen ja,

wie es um ihn stand. Lange, bevor im
Rheinland die Rüeblitorte in Mode
kam. Einmal die Woche fuhren wir raus
nach Grafenberg. Manchmal hat uns

der Famulant von gegenüber geimpft,
bar auf die Kralle. Hier schuf er
seine schönsten Werke in toten Farben.
Grünkohl. Verdorbenes Kassler. Saure

Flecke. Ich habe sie alle verbrannt. In
meiner Hasenzeit. Unser
gemeinsamer Nachwuchs – ich glaube
mich zu erinnern, es waren zehn.

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